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Kirchengericht:Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche im Rheinland
Entscheidungsform:Urteil
Datum:24.02.2003
Aktenzeichen:VK 11/2002
Rechtsgrundlage:§ 3 Abs. 1 BVO.NRW; § 4 Abs. 3 BVO.NRW
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Krankheitsbeihilfe, zahnärztliche Leistung
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Leitsatz:

Die Landeskirche hat mit den Hinweisen zum zahnärztlichen Gebührenrecht vom 12.10.1998, veröffentlicht im Kirchlichen Amtsblatt 11/1998 S. 312 als beihilfepflichtiger Dienstherr rechtzeitig für Klarheit über ihre beihilferechtliche Auslegung des Begriffes „Sprechstundenbedarf“ gesorgt, so dass trotz der in Rechtsprechung und Literatur vertretenen widerstreitenden Auffassungen über die Berechtigung des Gebührenansatzes die Angemessenheit der Aufwendungen gleichwohl zu verneinen ist.
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Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
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Tatbestand

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Das Beihilfe-Berechnungs-Zentrum (bbz) der Evangelischen Kirche im Rheinland lehnte mit Bescheiden vom 31.1.2002 und 1.3.2002 vom Kläger beantragte Beihilfezahlungen für Zahnarztrechnungen ab, soweit darin Gebühren für Anästhetika in Rechnung gestellt wurden, und zwar mit der Begründung „Aufwendungen für Anästhetika sind nicht beihilfefähig (§ 4.3 GOZ)“. Es handelte sich um Kosten in Höhe von 7,65 DM = 3,91 € und nochmals 3,91 €.
Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 13.2.2002 (Eingang 18.2.2002) und vom 12.3.2002 (Eingang 13.3.2002) die Verwaltungskammer angerufen.
Er verweist auf eine Patienteninformation der Zahnärztekammer Nordrhein, in der – unter Berufung auf eine Reihe von Gerichtsurteilen – die Auffassung vertreten wird, Anästhetika seien nicht allgemeine Praxiskosten, sondern aus Gründen der Behandlung veranlasst und daher gesondert berechenbar. Als Patient befinde er sich in einer Zwickmühle: Die Ärztin habe sich für eine medizinisch indizierte Behandlung entschieden, die aus ihrer Sicht auch beihilfefähig sei, und später erfahre er, dass die Beihilfe doch nicht einspringe (während die Krankenkasse problemlos zahle).
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte zu verpflichten, unter Abänderung der Bescheide des Beihilfe-Berechnungs-Zentrums vom 31.1. und 1.3.2002 die Kosten für Anästhetika von insgesamt 7,82 € als beihilfefähig anzuerkennen und dafür die entsprechende Beihilfe zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie weist besonders auf ein Urteil des OVG Münster vom 15.4.1999 hin, wonach Kosten für Anästhetika mit den allgemeinen Gebühren für Praxiskosten abgegolten sind, und beruft sich im Übrigen auf landeskirchliche „Hinweise zum zahnärztlichen Gebührenrecht“ vom 12.10.1998 (KABl. 11/1998 S. 312).
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Gründe:

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Beihilfenverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen (BVO), die nach Maßgabe der Notverordnung über die Gewährung von Beihilfen bei Krankheit, Geburt und Tod vom 20.8.1999 (KABl. S. 251) mit Änderungen vom 2.12.1999 (KABl. S. 376) auch für Pfarrer Anwendung findet, sind beihilfefähig „die notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfang“ in Krankheitsfällen zur Wiedererlangung der Gesundheit und zur Besserung oder Linderung von Leiden.
Die Angemessenheit von Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen beurteilt sich grundsätzlich nach der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ). Die Beihilfefähigkeit setzt voraus, dass der Zahnarzt die Rechnungsbeträge bei zutreffender Auslegung der Gebührenordnung zu Recht in Rechnung gestellt hat.
Das war nach Überzeugung der Verwaltungskammer bei den hier geltend gemachten Kosten nicht der Fall. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 GOZ sind nämlich mit den dem Zahnarzt zustehenden Gebühren zugleich die Praxiskosten einschließlich der Kosten für Füllungsmaterial, für den Sprechstundenbedarf sowie für die Anwendung von Instrumenten und Apparaten abgegolten, soweit im Gebührenverzeichnis nichts anderes bestimmt ist.
Sprechstundenbedarf ist ein allgemeiner Sammelbegriff für alle Arten von Materialien, Hilfsmitteln, Gegenständen, Medikamenten und Stoffen, die im Verlauf der Sprechstunde an Patienten, beim Zahnarzt oder sonst zum Praxisbetrieb anfallen. Darunter fallen auch Anästhetika. Das wird bestätigt durch einschlägige Rechtsprechung
- vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.4.1999 (12 A 4527/97) mit eingehender Begründung
Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 28.5.1997 (23 S 522/94)
Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche von Westfalen, Urteil vom 25.10.2002 (VK 7/01)
sowie durch entsprechende Kommentierungen in der Fachliteratur
- vgl. Mohr-Sabolewski, Beihilfenrecht Nordrhein-Westfalen, B 1 § 3 Anmerkung 1 BVO
Meurer, Gebührenordnung für Zahnärzte, 2. Auflage 1991, Erl. zu § 4 GOZ Anm. 6.
Allerdings ist diese Auslegung nicht unbestritten. Vielmehr gibt es auch gegenteilige Rechtsprechung, die die gesonderte Abrechnung der Kosten für Anästhetika als Behandlungskosten für zulässig erachtet.
Wenn im Einzelfall nicht nur Zweifel, sondern ausnahmsweise ernsthaft widerstreitende Auffassungen über die Berechtigung eines Gebührenansatzes bestehen, so ist die Angemessenheit der Aufwendungen gleichwohl zu verneinen, wenn der beihilfepflichtige Dienstherr rechtzeitig für Klarheit über seine Auslegung gesorgt hat.
- vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30.5.1996 (2 C 10/95), veröffentlicht u.a. in DVBL 1996, 1150 – 1151; NJW 1996, 3094-3095
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, a.a.O.
Das hat die Landeskirche mit den Hinweisen zum zahnärztlichen Gebührenrecht vom 12.10.1998, veröffentlicht im Kirchlichen Amtsblatt 11/1998 S. 312 und damit auch dem Kläger zugänglich, getan. Dort wird in Abschnitt I Nr. 3 unter Bezugnahme auf § 4 Abs. 3 GOZ ausdrücklich darauf hingewiesen, nicht berechnungsfähig seien u.a. Kosten für Anästhetika. Der Kläger hätte sich also darauf einstellen können. Die Haltung der Landeskirche ist auch unter Fürsorgegesichtspunkten nicht zu beanstanden (zumal da es hier um sehr begrenzte Kosten geht).
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 66 Abs. 1 VwGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 VwKG vorliegt.